Ergotherapie

Zweck der Ergotherapie bei ALS

„Bei der Ergotherapie wird was mit den Händen und Fingern gemacht“ so ist vermutlich die Kenntnis und Vorstellung der meisten Menschen bei dieser Therapie, die sich nicht in einer solchen Therapie befinden. Aber Ergotherapie ist weit mehr als das und bietet viel mehr an Möglichkeiten. Tatsächlich ist es im Vergleich zur Logopädie und Physiotherapie wahrscheinlich die Therapieform, über die man am wenigsten weiß. Die Ergotherapie dient bei der ALS der Stärkung oder Kompensation der feinmotorischen Leistungen, um diese möglichst lange aufrecht zu erhalten. Die Beweglichkeit soll nicht nur in der Therapieeinheit, sondern natürlich vor allem in der realen Alltagssituation verbessert werden durch das Training alltagsrelevanter Tätigkeiten. Erkrankten und deren Angehörigen soll durch Anwendung der Therapie, sowie ergänzender Wohnumfeld- und Hilfsmittelberatung das alltägliche Leben, die Selbstständigkeit und die Pflegbarkeit der Patienten erleichtert werden. Natürlich ist das Training der Arme und Hände ein zentraler Punkt, aber auch die Körperbereiche wie z. B. Beine, Rumpf, Brust, Rücken, Schulter und Hals werden in der Ergotherapie behandelt. ALS ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, dadurch müssen die Therapieziele immer an die veränderte Situation beim Patienten angepasst werden und dies je nach Verlauf auch mal in relativ kurzer Zeit.

Wie äussern sich Störungen der Feinmotorik bei der ALS?

Die Betroffenheit des ersten Motoneurons (Nervenzelle) in der Hirnrinde führt zu einer unkontrolliert gesteigerten Muskelspannung, was eine Steifigkeit (Spastik) und eine verminderte Geschicklichkeit sowie Feinmotorik zur Folge hat. In 60-70 % aller ALS Erkrankungen treten die ersten Symptome an den Extremitäten auf, d. h. die Ergotherapie betreffend vor allem in den Händen. Der Erkrankte verliert deutlich an Kraft in den Händen und es macht sich eine deutliche Ungeschicklichkeit bemerkbar, indem z. B. das Greifen und das Aufheben von schmalen oder flachen Dingen erschwert wird und dem Erkrankten häufig Dinge aus den Händen fallen. Bei Betroffenheit des zweiten Motoneurons im Rückenmark wird die Muskulatur von den Nerven nur noch eingeschränkt aktiviert, was Muskelschwäche und Muskelschwund zu Folge hat. Durch den Muskelschwund und die Spastik entsteht eine fortschreitende Lähmung der Extremität.

Therapieziele

  • Begleitung des Erkrankten beim chronischen Fortschreiten der ALS
  • Förderung von Kreativität, Körperwahrnehmung und Motivation von Erkrankten
  • Unterstützung des Erkrankten zur Teilhabe an der Gesellschaft
  • Aktives oder passives Training der Grob- und Feinmotorik
  • Stärkung und und Unterstützung der Psyche
  • Erhalt der Selbstständigkeit im Alltag
  • Förderung von Entspannung, Stress- und Angstbewältigung
  • Angehörigenberatung und Hilfsmittelberatung

Funktionelle Ergotherapie bei ALS

(Quelle: DGM-Informationen Ergotherapie für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen)

  • Erarbeiten ökonomischer Bewegungsabläufe
  • Funktionstraining der oberen Extremitäten
  • Erlernen von kompensatorischen Fertigkeiten
    (z. B. Einüben des Gebrauchs der linken statt der rechten Hand, Erlernen von Ersatzfunktionen durch Einsatz von Hilfsmitteln)
  • Anleitung zum Umgang mit individuellen Belastungsgrenzen

ADL-Training (Activities of Daily Living)

(Quelle: DGM-Informationen Ergotherapie für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen)

  • An- und Auskleiden
  • Nahrungsaufnahme
  • Körperpflege
  • Lagerung und Transfers
  • Rollstuhltraining in der Wohnung und im öffentlichem Leben
  • Anleitung der Angehörigen im Bezug auf Hilfestellung

Versorgung mit technischen Hilfsmitteln

(Quelle: DGM-Informationen Ergotherapie für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen)

  • Hilfsmittelberatung, Erprobung und Anpassung
  • Anleitung bei der Anwendung von Hilfsmitteln
  • Beratung zu Maßnahmen und Veränderungen im häuslichen und beruflichen Umfeld
  • PKW Anpassung

Seit wann bin ich Patient der Ergotherapie und welche Erfahrungen habe ich damit gemacht?

Bereits unmittelbar nach meiner Diagnose im November 2018 wurde ich noch während meines stationären Aufenthalts von Ergotherapeuten beraten. Da ich schon erste erkennbare Probleme und Symptome in den Händen hatte, habe ich mich bereits Ende 2018 um einen Therapieplatz bemüht und auch einen passenden gefunden. Bei der Ergotherapie kann es ganz unterschiedlich sein, ob Erfahrungen mit ALS seitens der Therapeuten vorhanden sind oder nicht. Der nachfolgende Link zum Flyer der DGM dient als unterstützende Richtlinie für Therapeuten, besonders im Falle von fehlenden Erfahrungen. Seit Ende 2018 bin ich einmal wöchentlich, anfangs 45 Minuten, mittlerweile 60 Minuten bei meiner Ergotherapiepraxis in Behandlung. Vor allem die Feinmotorik, die Beweglichkeit des Rumpfes, der Beine und Arme wird regelmäßig trainiert. Es erleichtert mir die Bewegungen, die ich jeden Tag benötige und anwende. Für mich wichtige Tätigkeiten, wie z. B. das Greifen von Besteck zur selbstständigen Nahrungsaufnahme und das Training des Rumpfes für das Drehen des Körpers im Liegen sind wichtige Voraussetzungen, um meine Selbstständigkeit so gut wie möglich zu erhalten. Aber auch interessante Ansätze wie eine Hochtontherapie mit elektrischen Impulsen wurden ausprobiert. Für die Entspannung der Rückenmuskulatur kommt u. a. ein Klopfmassagegerät zum Einsatz. Auch die Anschaffung eines Novafons dient zum flexiblen Einsatz für eine Muskelentspannung in verschiedenen Körperbereichen und ist daher auch für den Einsatz zwischen den Therapieeinheiten absolut zu empfehlen.

Lokale Vibrationstherapie von NOVAFON

Auch in der Ergotherapie gibt es zahlreiche Übungen, die man selber trainieren kann und auch sollte. Das hängt jedoch vom jeweiligen Zustand und Verlauf der Krankheit ab. Bei der Ergotherapie erfahre ich durch die Therapeuten auch eine psychische Unterstützung als wichtige Bezugspersonen.

DGM-Informationen – Ergotherapie für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen

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